Ortsgeschichte
Die Dörfer rund um Weltersburg, die z.T. einige Hundert Jahre älter sind als unser Ort, gehörten mit Beginn der Bildung der Territorien im 12. Jahrhundert zur Grafschaft Diez. Nicht so der Burgort Weltersburg, der wie eine Insel innerhalb der Grafschaft Diez lag und dessen Entwicklung einen ganz anderen Verlauf als der der Nachbarn nahm.
Wie bei den meisten anderen Dörfern der Region, so ist auch das Dokument, dass erstmals auf den Ort Weltersburg verweist, eine zufällige Hinterlassenschaft. Ohne weitere zeitliche Präzisierung wird der Name Weltersburg 1220 in einer Urkunde Heinrichs von Isenburg über das Patronat von Obermörlen erwähnt. Dort wird als Zeuge ein Wigand von Weltersburg genannt. Bis auf die Ersterwähnung hat diese Urkunde für die Ortsgeschichte von Weltersburg keine weitere Bedeutung. Die nach einem Walter oder Welti benannte Burg Weltersburg existierte zu diesem Zeitpunkt vermutlich bereits seit mehr als 120 Jahren.
Sie wird, ebenso wie die Burgen Molsberg und Hartenfels, als Glied einer Burgenkette gesehen, die im Auftrag des Reiches in der Salierzeit (1024-1125), zur Sicherung der Köln- Frankfurter-Straße (Hohe Straße), erbaut wurde. Neben dieser bedeutenden Nord-Süd-verbindung führte mit der Rheinstraße auch eine wichtige Ost-West-Verbindung unmittelbar an der Weltersburg vorbei.
Von den drei genannten Burgen wurde Molsberg als erste 1116 erwähnt. Ihre Entstehung wird in die Regierungszeit Kaiser Heinrich III., etwa zwischen 1050 und 1056, eingeordnet. Nur wenige Jahre später dürfte auch die Weltersburg erbaut worden sein.
In dieser Phase salischer Herrschaft waren die rheinischen Pfalzgrafen die mächtigsten Herrscher am Mittelrhein und im Westerwald. Da die salischen Könige das Pfalzgrafenamt um 1100 noch eng an sich gebunden hatten liegt es nahe, dass diese den Auftrag zum Bau der Weltersburg erhielten und ihn ausführen ließen. Pfalzgraf Heinrich von Laach (1080-1095) besaß neben Königslehen am Mittelrhein umfangreichen grundherrlichen Besitz bis weit in den Westerwald hinein. Zu seinem Besitz gehörte neben der Vogtei über das Stift Gemünden auch grundherrlicher Besitz um Salz, also in unmittelbarer Nähe zur damals erbauten Weltersburg.
Die Burg gelangte vermutlich vor 1200 über Nachkommen des Pfalzgrafen Heinrich von Laach durch Heirat an Emich von Leiningen. Emich beteiligte eine seiner Schwestern, die mit Gerlach von Isenburg verheiratet war, an diesem Erbe und brachte so den Isenburgern als Heiratsgut die Weltersburg zu, die dann 1220 erstmals als Besitz der Edelherren verbürgt ist. Etwas später werden die Grafen von Sayn 1247 erstmals als Besitzer der halben Weltersburg genannt. Dieser Besitz wird einer frühen Heirat mit einer Tochter der von Isenburg zugeschrieben. Beide Häuser betrachteten den Besitz als Eigengut. Die Weltersburg hatte also zu diesem Zeitpunkt ihre strategische Bedeutung längst verloren.
1314 verlieh König Ludwig IV. der Bayer seinem Gefolgsmann, dem Grafen Gottfried von Sayn für die am Fuße des Burgberges entstandene Siedlung Stadtrechte. Der Ort war wohl schon zu dieser Zeit mit einer steinernen Ringmauer gesichert und nur durch eine Pforte zugänglich. Im westlichen Ortsteil war die Mauer durch zwei integrierte Türme zusätzlich gesichert. An niederadligen Familien waren hier unter anderem die von Ottenstein und von Neuroth auf der Burg selbst und die von Brambach und die von Reifenberg mit eigenen Burghäusern im Ort ansässig.
Die folgenden Jahrhunderte weisen Weltersburg als einen der umstrittensten Orte des Westerwaldes aus. 1356 verschrieb Sayn seinen Teil an Weltersburg als Heiratsgut den Herren von Westerburg. Da die vereinbarte Summe auch in der Folgezeit nicht gezahlt wurde, sah Westerburg diesen Teil der Weltersburg von nun an als seinen Besitz an und verteidigte ihn gegen die immer wieder vorgetragenen Ansprüche von Sayn.
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Dem Streit um Besitzansprüche auf Weltersburg zwischen Sayn und Westerburg im 14. Jahrhundert folgten Fehden und Raubzüge im 15. Jahrhundert, in deren Folge die Burg schließlich selbst zum Ort kämpferischer Auseinandersetzungen wurde. In der „Schlacht von Weltersburg“ im Jahr 1423 eroberten Westerburg und Isenburg die Burg in einem blutigen Gefecht von den Grafen von Katzenelnbogen zurück, die die Feste zuvor besetzt hatten, um den dort von Westerburg eingesetzten Burgvogt Ludwig von Ottenstein festzusetzen, der sie geschädigt hatte. Die Grafen von Ketzenelnbogen besaßen damals Rechte an der ehemaligen Grafschaft Diez, zu der auch die Dörfer der Pfarrei Salz, mit Ausnahme von Weltersburg und Molsberg, gehörten. 1425 legten Westerburg und Isenburg in einem gemeinsamen Burgfrieden erstmals eine Gemarkungsgrenze für Weltersburg fest, die die Gemarkungen der zur ehemaligen Grafschaft Diez gehörenden Nachbargemeinden berührte. Es kam in der Folgezeit zu ständigen Streitereien, da diese Gemeinden sich in ihren Hutrechten beeinträchtigt sahen und Weltersburg auch keine eigene Gemarkung zustehen wollten. |
1489 kauften die Grafen von Leiningen-Westerburg (seit 1470 Grafen) den Isenburgern ihre Hälfte von Weltersburg ab und konnten den Ort nun erstmals in einer Hand vereinigen.
Mit der Übernahme des ehemals diezischen Kirchspiels Salz durch Kurtrier im Jahr 1564 erwuchs Westerburg in der Folgezeit ein übermächtiger Gegner, der Teile der Gemarkung Weltersburg mit Verweis auf die Zugehörigkeit zur Pfarrei Salz beanspruchte und zudem Einfluss auf die Konfessionszugehörigkeit der Einwohner von Weltersburg nahm, die sie weiter an die katholische Konfession binden wollten.
In der Phase der Gegenreformation nutzte Kurtrier die durch den 30jährigen Krieg bedingte Schwäche der Grafen von Leiningen-Westerburg und entzog diesen 1629 die Herrschaft über die Gemarkung Weltersburg. Den Grafen blieb nur noch die Hoheit im Ort selbst und so unterstanden die Dorfbewohner fortan zwei Landesherren. Mit dem Verlassen des Dorfes überschritten sie eine Landesgrenze und man sagte ihnen nach, sie schliefen in Westerburg und äßen in Trier.
Mit der Übernahme der Gemarkung Weltersburg festigte Kurtrier die Bindung der Weltersburger zur katholischen Pfarrei Salz. Als einziger Ort in der Herrschaft Westerburg blieb das Dorf nach den zuvor wenig erfolgreichen Reformationsversuchen Westerburgs katholisch.
Nach Ende des 30jährigen Krieges, der 1632 zu Zerstörungen an dem nach 1552 errichteten Herrenhaus der von Reifenberg geführt hatte, traf Weltersburg kurz nach 1664 eine Brandkatastrophe, die den größeren Teil des Dorfes zerstörte. Es erfolgte ein langsamer Wiederaufbau und auch die stark in Mitleidenschaft gezogene Dorfkapelle, die wohl um 1300 errichtet wurde, war 1786 wieder aufgebaut und wohl in dem Zustand, in dem wir sie heute vorfinden.
Die Weltersburg wurde um 1680 wegen Baufälligkeit aufgegeben und zerfiel bald vollends.
Im 17. Jahrhundert erfuhr die hier bestehende Zersplitterung der Territorien, bezogen auf die Verhältnisse in Weltersburg, nochmals eine Zuspitzung. Die in der Region über bedeutsamen Streubesitz verfügenden niederadligen Familien von Brambach und von Reifenberg, die bereits seit dem 14. Jahrhundert in Weltersburg saßen, erklärten unter Protest der Grafen von Leiningen-Westerburg das überkommene mittelalterliche Lehensband als nicht mehr existent und schlossen sich der Reichsritterschaft an, einer Gemeinschaft des reichsfreien Adels. Damit verloren die Grafen von Leiningen-Westerburg im Ort selbst nochmals etwa ein Drittel ihres dortigen Hoheitsgebietes.
Das nahe dem heute noch existierenden Efeuturm gelegene Brambacher Burghaus wurde von den Grafen von Walderdorff übernommen und nach 1760 abgetragen.
Die von Reifenberg hatten ihr altes Burghaus im Westen des Ortes bereits nach 1552 abgerissen, nachdem ihr außerhalb der Ringmauer errichteter Neubau fertig gestellt war. Das Schlösschen mit den markanten vier Türmen hat die Zeiten überdauert. Es gehörte im 18. und 19. Jahrhundert der mit Goethe nahe verwandten Familie von Schuler. 1779 besuchte der Vater des Dichters, Johann Caspar Goethe, Weltersburg anlässlich der Taufe eines Neffen.
Als Napoleon der deutschen Kleinstaaterei im Rheinland bereits ein Ende gemacht hatte, änderten sich die Verhältnisse in Weltersburg zunächst noch nicht. Denn das mit Napoleon verbündete Haus Nassau übernahm zwar 1803 die ehemals kurtrierischen Teile der Gemarkung und 1804 das reichsritterschaftliche Gut der von Schuler im Ortsbering, doch nicht den Ort selbst. Dieser wurde nach Auflösung der Grafschaft Leiningen-Westerburg 1806 dem von Napoleon neu gegründeten Großherzogtum Berg zugeschlagen. Es blieb also bei der Zweiteilung der Hoheitsverhältnisse. Kurze Zeit nach der Schlacht bei Waterloo übernachtete der preußische Generalfeldmarschall Blücher 1814 im Haus der von Schuler. 1815 wurde die ganze Region schließlich Teil des neuen Herzogtums Nassau und die unselige Kleinstaaterei hatte auch hier ein Ende. Weltersburg wurde zunächst dem neu gegründeten Amt Rennerod (mit dem alten Bezugsort Westerburg) zugeschlagen, dort jedoch kurze Zeit später wieder herausgelöst und dem Amt Meudt (ab 1831 Amtssitz Wallmerod) angegliedert, dem auch die anderen Dörfer des Kirchspiels Salz angehörten.
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Obwohl Weltersburg über Jahrhunderte Streitobjekt der regionalen Territorialherren war, unterschied es sich von seiner Sozialstruktur her nicht von den Nachbardörfern. Es blieb bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein ein Bauerndorf. In nassauischer und preußischer Zeit (ab 1866) wurde eine langsame aber stetige Verbesserung der Lebensverhältnisse spürbar. 1900 baute die Gemeinde ein eigenes Schulhaus und 1912 wurde eine Windturbine errichtet, um Wasser von einer entfernt gelegenen Quelle ins Dorf zu pumpen. Damit wurde das Jahrhunderte währende Problem der mangelhaften Wasserversorgung gelöst. Das technische Denkmal ist bis heute ein Wahrzeichen des Dorfes. Im I. und II. Weltkrieg waren in dem damals nur etwa 200 Einwohner zählenden Ort hohe Verluste zu verzeichnen. Das Ende der Gemeindeselbstverwaltung, die mit Ausnahme der NS-Zeit hier seit 1848 praktiziert wurde, erfolgte 1972. Die Weltersburger standen nun, erstmals selbstbestimmt, vor der Entscheidung, sich hinsichtlich des neuen Verwaltungsmittelpunktes für Westerburg oder für Wallmerod zu entscheiden. Sie votierten schließlich für die Verbandsgemeinde Westerburg. Westerburg bot letztlich die bessere Perspektive, da viele Einwohner beruflich nach dort orientiert waren. Dennoch bestehen, ganz im Sinne der seit 2011 propagierten Kooperation zwischen den Verbangsgemeinden Westerburg und Wallmerod, nach wie vor beste Kontakte in die Dörfer des alten Kirchspiels Salz. Der in den 1960er und 70er Jahren beginnende Strukturwandel ist seit etlichen Jahren abgeschlossen und Weltersburg hat sich von einem Bauerndorf in eine moderne Wohngemeinde gewandelt. Jürgen Gläser |
Tags: Geschichte, Chronik